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Über die Einstellung zum Pferd von Ariane Reaves


Grundsätzlich habe ich in der Vergangenheit gelernt: wenn man einem Pferd wirklich gerecht werden möchte sollte man versuchen die Dinge aus der Sicht des Pferdes zu sehen. Jegliche Vermenschlichung ist fehl am Platze, ob es den Umgang oder die Haltung betrifft. Und da gibt es einige sehr kompetente Leute, deren Hilfe ich mich seit einigen Jahren bediene. Das sind ausschließlich Leute, denen das Wohl der Pferde (vor allem das mentale) am Herzen liegt bei dem, was sie leisten sollen. Einige von ihnen kümmern sich auch um die Erhaltung der altkalifornischen Reitweise.
Trotzdem sehe ich es als Dauer-Lerntraining, denn es ist sehr schwer, seine eigenen menschlichen Verhaltensweisen beiseite zu lassen und immer Geduld zu bewahren.
Zugegeben ist es mir inzwischen relativ egal ob ich "Original"-Vaquero-Style betreibe oder nicht, da es heutzutage eh schwer nachzuvollziehen ist wie man manche Dinge damals genau handhabte. Also beschränke ich mich darauf, zu versuchen, meinem Pferd ein guter Partner zu sein, soweit das überhaupt möglich ist. Im Klartext heißt das für mich: ich ermögliche ihm eine möglichst naturnahe Haltung und versuche, mich ihm so rüberzubringen, daß es mich bei allem versteht, was ich mit anstelle.
Um nun den Bogen zu Deiner Frage zu schlagen: ich kann aus eigener Erfahrung sagen, daß es für viele Menschen (ich behaupte mal meist Frauen) schwer ist, ihr Schmusebedürfnis nicht an Pferden auszuleben bzw. zu verstehen, daß es aus diversen Gründen nicht angebracht ist. Bei den meisten Hunden und Katzen geht das super ohne negative Konsequenzen, aber Pferde sind eine ganz andere Art Tier. Und m.E. ist es Vermenschlichung, wenn man meint, ein Pferd bräuchte Schmuseeinheiten. Was nichts damit zu tun hat, daß viele Pferde es nicht mögen würden, Kopf oder Ohr oder sonstwas beschmust und geknuddelt zu bekommen. Aber für ein Pferd hat diese Art Körperkontakt eine andere Bedeutung als für z.B. eine Katze. Pferde schmusen anders und in anderen Situationen und Zusammenhängen.
Wenn ein Pferd einem ranghöheren gegenüber respektvoll ist würde es nicht einfach sehr dicht herankommen oder gar rempeln oder schieben (was durchaus zu körpersprachlichen Repertoire von Pferden gehört und von vielen Menschen sogar als normal empfunden wird!). Als Mensch möchte ich aber, daß das Pferd mir gegenüber Respekt zeigt und vorsichtig ist, weil ich ja nun einmal klein und schwach bin. Wenn ich es also zulasse, daß mein Pferd immer sehr dicht bei mir steht, schränke ich seine und meine Bewegungsfreiheit ein, ich sehe nicht mehr genau, was es tut, umgekehrt genauso; es besteht die Gefahr, daß ich angerempelt werde, daß das Pferd mir auf den Fuß steigt etc.. Und letztlich, und am wichtigsten, zeige ich ihm, daß es ok ist, respektlos zu sein, denn das genau ist es, wenn mein Pferd mir "ins Gesicht steigt". Ich finde es sogar unfair dem Pferd gegenüber, einerseits Respekt zu fordern und es andererseits zur Respektlosigkeit aufzufordern.
Natürlich gibt es Pferde, die sich penetranter verhalten als andere, aber es ist auch bei dem wohlerzogensten Pferd sicherer, einen gewissen Abstand zu wahren, denn bei jedem Pferd können sich in bestimmten Momenten die Urinstinkte melden, und dann ist nur noch Überleben angesagt.
Man muß als Mensch wegkommen von der Idee, ein Pferd bräuchte körperliche Nähe wie ein Mensch. Natürlich braucht es das Gefühl der Sicherheit und Nähe, aber nicht hauptsächlich durch menschliche Streicheleinheiten sondern durch die Anwesenheit von Artgenossen, mit denen es sich gut versteht.
Um dem Pferd zu zeigen, daß man sein Freund sein will, ist es absolut in Ordnung herauszufinden, wo es am Körper Stellen hat, an denen es Kratzen gerne hat. Das sind meist Stellen, an die es selber schlecht gelangt und wo man quasi einspringen kann, wie es ein anderes Pferd tun würde. Aber ich habe noch nie gesehen, daß Pferde sich gegenseitig den Kopf beschmusen oder die Ohren kraulen (hat meiner von mir besonders gern).
Leslie Desmond geht sogar soweit zu sagen, daß "unnötiges" Manipulieren am Kopf (d.h. alles was über Dinge wie Putzen, Untersuchung oder Trensen/Halftern hinaus geht) das Pferd in der Vorhand schwer mache, da es sich in dem Moment ausschließlich nach vorne orientiert und dorthin dann auch das Gewicht geht. Das wäre vielleicht mal einen Gedanken wert, da man dann beim Reiten wiederum oft mechanisch versucht, das Pferd mehr auf die Hinterhand zu bekommen. Vielleicht könnte man sich das ein Stück weit ersparen? Ob man Leslies Gedanken nun aufgreifen möchte oder nicht, ich persönlich halte sehr viel von der Idee, die Basis für Dinge, die ich z.B. im Sattel erreichen möchte, schon vorher am Boden so zu legen, daß ich mir mechanisches Handeln beim Reiten weitgehend ersparen kann. Das erleichtert m.E. das feine Reiten bis zu einem gewissen Grad.
In Bezug auf die Annäherung fremder Pferde würde ich wieder den Aspekt der eigenen Sicherheit anführen wollen. Man weiß oft nicht einmal bei bekannten Pferden genau, mit welcher Idee sie sich gerade nähern. Oft bleibt es ja nicht beim freundlichen Beschnuppern-und-dann-ist-gut. Dann lieber Abstand halten, vor allem wenn ich Gefahr laufe, inmitten einer Gruppe zu stehen. Vor einigen Tagen dachte ich auch wieder einmal, "naja, laß sie mal schnuppern", und im nächsten Moment hatte das andere Pferd gequiekt, mit den Vorderbeinen über das Führseil gestrampelt und mir damit eine feine Brandwunde in der Hand verpaßt. Das Ganze dauerte etwa 5 Sekunden und sah am Anfang ganz harmlos aus. Wir Menschen sind für solche Vorgänge einfach zu langsam :-)
Ich hoffe daß ich mich auch Dir gegenüber gescheit rüberbringen konnte :-). Für mich gibt es zu solch "simplen" Fragen wie dieser noch so viel drumherum, das wichtig zu berücksichtigen ist, daß ich Probleme habe, mich da kurz zu fassen. Ich bitte um Nachsicht.

Viele Grüße!
Ariane
www.arianereaves.de